Wittenberger Kanzelreden am 1. Mai 2022



Wittenberger Kanzelreden am 1. Mai 2022

– Es gilt das gesprochene Wort –

Dem Volk aufs Maul schauen – aber wie ich gerne hinzufüge: nicht nach dem Mund reden. Das hat für mich nicht nur mit evangelischer Predigtkultur zu tun, von der ich als theologischer Laie wenig verstehe, sondern damit ist auch das Grundproblem von politischer Kommunikation und politischer Führung angesprochen. Da der Mensch nicht allein leben kann, allein nicht einmal auf die Welt, ins Leben kommt, ist er auf Gemeinschaft angewiesen. Und diese Gemeinschaft braucht eine Ordnung. Das ist der Kern von Politik.
Seit Aristoteles kennen wir die Unterscheidung der verschiedenen Formen solcher Organisation – von der Alleinherrschaft über die Herrschaft einiger weniger bis zu der Herrschaft aller, die die dafür für notwendig gehaltenen Mindestvoraussetzungen haben. Der Westen, wie ich ihn in der Definition des Historikers Heinrich August Winkler gerne bezeichne, hat seit den beiden Revolutionen am Ende des 18. Jahrhunderts das Verständnis der unveräußer-lichen Menschenrechte entwickelt – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit in der Sprache der französischen Revolution oder Freiheit, Herrschaft des Rechts und Streben nach Glück in den amerikanischen Bill of Rights. Wenn alle Menschen frei und gleich sind, dann folgt daraus die rechtstaatliche Demokratie, die Entscheidung durch die Mehrheit in geregelten fairen Verfahren bei gleichzeitiger Rücksichtnahme auf Minderheiten und Rechte jedes Einzelnen als angemessene Staatsform.
Ganz so einfach ist es mit dem Mehrheitsprinzip leider nicht, weil es die Bereitschaft jedes Einzelnen erfordert, auch Entscheidungen zu akzeptieren, die der eigenen Überzeugung nicht entsprechen. Und das setzt Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft voraus – deshalb fraternite in der französischen Revolution, Brüderlichkeit, wir würden heute eher Solidarität oder sozialen Zusammenhalt sagen. Die Grundlagen dafür mögen wechseln; aber in der für uns überschaubaren Menschheitsgeschichte war die nationale Zusammengehörigkeit die weithin dominierende. Wer das bezweifelt, warte die nächste Fußballweltmeisterschaft ab. Die Erklärungen, woraus nationale Bindung entsteht, sind vielfältig – Abstammung, Sprache, Kultur, Geschichte, gemeinsame Erinnerungen, Mythen usw. Vieles hat sich im Lauf der Zeiten durch Übertreibungen und Missbräuche im Nationalismus selbst widerlegt; aber irgendeine gemeinsame Vorstellung von der Art zu leben und der Verantwortung füreinander muss es sein.

Da sind wir nahe bei dem berühmten Satz des früheren Verfassungsrichters und Freiburger Staatsrechtslehrer Ernst-Wolfgang Böckenförde, dass unser freiheitlich-demokratischer Verfassungsstaat von Voraussetzungen lebt, die er nicht selbst schaffen kann.
Und für eine Entscheidungsfindung durch eine Mehrheit braucht es zuvor Öffentlichkeit, Diskussion. Deshalb sind Meinungs-, Rede-, Informations-, Presse- und Demonstrationsfreiheit Voraussetzung jeder Demokratie. Und in dieser Debatte muss die praktisch unendliche Vielzahl von Meinungen, Argumenten, auch Interessen auf irgendwie entscheidungsfähige Alternativen reduziert werden, damit man überhaupt abstimmen kann.
Das führt dann zur Diskussion um plebiszitäre und repräsentative Formen demokratischer Entscheidungsfindung. Mit dem Internet ist die Erwartung für mehr Partizipation der Bevölkerung gestiegen, obwohl der Versuch einer digitalaffinen Partei, der Piratenpartei, mit gewissermaßen permanenten Abstimmungen im Netz über möglichst viele Fragen zu entscheiden, rasch gescheitert ist. Jürgen Habermas konstatiert, dass die digitale Kommunikation zwar einen Zuwachs an Egalitarismus beschere, der jedoch teuer bezahlt sei mit dem Verlust an Kraft, einen Fokus zu bilden. Die Aufmerksamkeit eines anonymen und zerstreuten Publikums müsse aber für ausgewählte Mitteilungen gebündelt werden, was – so Habermas – traditionell innerhalb nationaler Gemeinschaften erfolge.
Wenn heute – noch vor Putins Überfall auf die Ukraine – viel von einer Krise der westlichen Demokratie die Rede ist, dann lässt sich die mit dem Verlust an Vertrauen in die Bündelungsfunktion oder Fokusbildung von Öffentlichkeit, Parteien und Parlamenten beschreiben. Ohne das Element der Repräsentation, also der Beauftragung, Wahl auf Zeit von Personen, ist das nicht zu leisten. In diesem Zusammenhang ist Art 38 GG wichtig, dass frei gewählte Abgeordnete Vertreter des ganzen Volkes sind, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. In der Hauptstadtdebatte habe ich 1991 gegen die Auffassung, dass man etwa als Abgeordneter aus Nordrhein-Westfalen schon aus regionaler Verantwortung nur für Bonn stimmen könne, genau darauf abgehoben. Sonst funktioniert das repräsentative Prinzip nicht.
Wichtig ist die Begrenzung auf Zeit. Demokratische Wahl setzt die Anerkennung des Ergebnisses durch die Minderheit genauso voraus wie die Bereitschaft, bei der nächsten Wahl eine andere Mehrheit zu akzeptieren. Wohin das andernfalls führt, war am 6. Januar 2021 am Capitol in Washington DC zu betrachten.

Übrigens auch bei Sachentscheidungen müssen Mehrheiten revisibel, also in der Zukunft änderbar bleiben. Es gibt in der Politik nicht die Wahrheit, die eine richtige Lösung, so wie Stand der Wissenschaft letztlich immer Hypothesen sind, die bis zu ihrer Widerlegung durch neue Erkenntnisse gelten. Karl Popper hat demokratische Erkenntnisfindung im Verfahren von trial and error in seiner Offenen Gesellschaft beschrieben.
Natürlich sollte, wer sich um einen politischen Führungsauftrag bemüht, ob als Abgeordneter, Bürgermeister oder als Regierungspartei, in etwa darlegen, wozu und wofür – jedenfalls soweit man nicht eine Wahl allein aufgrund bisheriger Qualifikation, Leistungen, Verdienste oder was immer sonst zu persönlichem Vertrauen führt, treffen möchte. Dabei ist es unbenommen, sich ausschließlich oder überwiegend für einzelne Themen oder Anliegen einzusetzen, für äußere oder innere Sicherheit, gegen den Klimawandel, für soziale Sicherheit oder auch für die Interessen von Schwerbehinderten; aber nach der Vorstellung unseres Grundgesetzes ist die Führungsverantwortung von Politik immer, alle einzelnen Bereiche in einen Gesamtzusammenhang einzuordnen.
Als ein ehemaliger Finanzminister kommt man da zwangsläufig auf das allgemeine Knappheitsgesetz, das ja nicht nur – leider oft ungenügend beachtet – eine Regel für nachhaltige Haushaltspolitik ist, sondern eine der Grundbedingungen menschlicher, irdischer Existenz. Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis, in unserer Alltagswelt oft fast der einzige Wertmaßstab, wenn man sich etwa Auktionserlöse für Gemälde, besondere Weine oder alte Musikinstrumente ansieht. Jetzt sehen wir es ganz dramatisch bei den Energiepreisen, aber bei Aktienindexen oder Grundstückspreisen besonders in Ballungsgebieten kann man das schon lange beobachten. Es ist aber weit mehr. Wir wissen aus unserer eigenen Erfahrung, dass wir weniger schätzen, was wir selbstverständlich, womöglich im Überfluss zu besitzen glauben. „Nichts ist schwerer zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen“, weiß der Volksmund, und ich habe gelegentlich die Vermutung geäußert, dass uns im Schlaraffenland die sprichwörtlichen gebratenen Tauben bald zum Halse heraushängen würden. Nicht mit immer demselben zufrieden sein. Für Ökonomen das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen. Mehr wissen und mehr haben wollen. Für Christen beginnt das eigentlich mit der Vertreibung aus dem Paradies. Wenn daraus etwas für das Verständnis vom Menschen in dieser Welt folgt, darf übrigens, wer sich um die Vermeidung von Gewalt bemüht, nicht vergessen, dass alsbald nach der Vertreibung aus dem Paradies Kain seinen Bruder Abel erschlug. Deshalb brauchen wir Gewaltmonopol und Polizei, und solange wir kein globales Gewaltmonopol haben, Verteidigungsfähigkeit und Streitkräfte. Si vis pacem para bellum, sagten die Römer, und Schillers Wilhelm Tell weiß, dass der Beste nicht im Frieden leben kann, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.
Das alles muss politische Führung erfassen. Auch politische Führung kann die Zukunft nicht voraussehen, und das ist auch eine Grundbedingung irdischer Existenz, übrigens auch Voraussetzung für Freiheit. Aber politische Führung sollte eine Vorstellung vermitteln, in welche Richtung sie das Gemeinwesen beeinflussen möchte, wobei natürlich Bewahren, Erhalten genauso Richtung sein kann. Und dafür muss sie Gefolgschaft finden, Zustimmung, Akzeptanz, und das führt wieder in die Bereiche von Öffentlichkeit und Kommunikation. Dem Volk aufs Maul schauen, meint zu verstehen, was das Volk empfindet, und in einer Weise, die Verständnis beim Volk findet, für die für notwendig gehaltene Richtung zu überzeugen. Nicht nach dem Mund reden, weil daraus ein Fokus im Habermaschen Sinne, eine Reduzierung der unendlichen Vielfalt, nicht entsteht. Das Wünschenswerte mit dem Machbaren zusammenbringen – Knappheitsgesetz. „Begreifst Du aber, wieviel andächtig schwärmen leichter als gut handeln ist“, will Nathan der Weise seine Tochter lehren.
Dem Knappheitsgesetz unterliegt auch unsere Fähigkeit, Informationen aufzunehmen und zu verwerten. Zu Luthers Zeiten gründete die Herrschafts-ordnung von feudalen Territorialherren und Kirchenleitungen wesentlich auf einer Hierarchie im Zugang zu Informationen. In diesem Umfeld war der Zugang zur Heiligen Schrift ausschließlich in lateinischer Sprache, also in dem Monopol der römischen Kirche in der Bewertung des Inhalts, eher Mittel zur Machtaus-übung als Verkündung der Frohen Botschaft. Daher erschütterte Luthers Bibel-übersetzung in die allgemein zugängliche Sprache die tradierten Machtstrukturen. Seine ganze reformatorische Kraft aber konnte Luther nur durch eine fast zeitgleiche technologische Innovation entfalten. Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks ermöglichte die Verbreitung von Luthers Schriften weit über seinen persönlichen Wirkungskreis hinaus in fast alle Ecken der damals bekannten Welt und in für damalige Verhältnisse unvorstellbarer Geschwindigkeit.
Immer ist die Vermittlung, auch die Einordnung und Bewertung von Informationen zentrale Voraussetzung für demokratische Öffentlichkeit. Deswegen werden Medien auch in unserem freiheitlich-demokratischen Rechtstaat gern als vierte Gewalt bezeichnet, neben Legislative, Exekutive und rechtsprechender Gewalt. Und diese vermittelnde, mediale Aufgabe hat sich durch die disruptive Veränderung der Öffentlichkeit in unserer Zeit mit den Innovationen der Informations- und Kommunikationstechnologien erneut tiefgreifend verändert. Internet und soziale Netzwerke generieren eine permanente, grundsätzlich unbegrenzte Flut von Informationen, Meinungen, Impulsen, die ohne Vermittlung und Auswahl jeden Einzelnen überfordert und die zugleich ganz neue Möglichkeiten der Manipulation eröffnet. Dabei kommt die Eigenart menschlicher Aufmerksamkeit zu Hilfe.

Wie allgemein nach dem Knappheitsgesetz interessieren wir uns für die Regelabweichung stärker als für die Normalität. Klatsch und Gerüchte finden schnelle Verbreitung, weshalb die gezielte Verleumdung schon immer mit die schlimmsten Verletzungen zufügte. „Bad news are good news“ ist ein alter journalistischer Leitsatz, und in der Tat wäre eine Nachrichtensendung nur mit geglückten Flugzeuglandungen und pünktlichen, unfallfreien Ankünften rasch langweilig, also im Wettbewerb um das knappe Gut Aufmerksamkeiten, um Auflagen oder Einschaltquoten hoffnungslos unterlegen. Schlimmer noch: Messungen von Hirnströmen belegen, dass skandalträchtige Informationen, Impulse stärkere Reaktionen auslösen. Kein Wunder, dass sich Fake News schneller und weiter verbreiten als seriöse Informationen. Informationskriege, Cyberwar sind damit eine neue Qualität von Bedrohung unserer Sicherheit. Wir werden nach meiner Überzeugung viel Kraft darauf verwenden müssen, die für freiheitliche Demokratie in unserem westlichen Sinn unerlässliche Leistungsfähigkeit und Integrität medial vermittelter Öffentlichkeit in Zeiten neuer Medien zu bewahren, durch unabhängige rechtstaatliche Kontrolle, Gewährleistung von Wettbewerb, vielleicht auch subsidiär ergänzende Vielfalt sichernde staatliche Angebote. Persönlich habe ich auch zumindest Zweifel, ob wir die Anonymität im Netz wirklich gewährleisten sollten. Der Mensch entwickelt, wenn er sich unbeobachtet wähnt, nicht notwendig seine besten Eigenschaften, weswegen ich auch gelernt habe, anonymen Schreiben keine Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, und eine Meinungsäußerung, von der ich nicht weiß, wessen Meinung das ist, hat eigentlich auch wenig Aussagekraft.
Im Gefolge der neuen Medien haben wir kaum noch eine gemeinsame Öffentlichkeit, weil die Nutzung von Medien und damit die Aufnahme von Informationen nach Alter und sozialer Differenzierung sich immer stärker auseinander entwickelt. So entstehen im Internet regelrechte Parallelwelten. Die öffentliche Debatte verlagert sich in soziale Medien, wo die politische Diskussion weniger zur Versachlichung als viel mehr zu Verunsicherung und Desintegration führt, weil man nur noch mit followern oder like-minded Personen kommuniziert. Ein guter Nährboden für Halbwahrheiten, Lügen, Verschwörungstheorien. Fragen wir nach den Ursachen, so geht es im Kern um die Frage nach der Stellung des Individuums gegenüber der Gesellschaft oder dem Staat. Mit der Auflösung vieler Zwänge, mit der Emanzipation von Minderheiten werden der freien Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen weniger Grenzen gesetzt. Mit zunehmender Individualisierung geht aber auch ein Zurückweichen traditioneller Strukturen in unserer Gesellschaft einher, Kirchen, Gewerkschaften, Vereine und Verbände, Parteien. Die Gesellschaft der Singularitäten nennt das der Soziologe Andreas Reckwitz.
Und dennoch bleibt die Aufgabe politischer Führung. Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat das gut auf den Punkt gebracht: „Politik heißt immer Sammeln und Führen“. Die Demoskopie hilft dabei wenig, weil es sich bei ihren Befunden immer um rückwärtsgewandte Momentaufnahmen handelt, die auf neue Ereignisse reagieren, sie aber – abgesehen vielleicht von dem Phänomen der selffulfilling prophecy – niemals vorweg nehmen können. Vor Putins Überfall auf die Ukraine wäre eine mehrheitliche Zustimmung zu höheren Verteidigungsausgaben, Waffenlieferungen, Stopp des Bezugs von Erdöl und Gas aus Russland in Meinungsumfragen kaum denkbar gewesen. Und wer in diesen schrecklichen Wochen an Parallelen zur Appeasement-Debatte in den dreißiger Jahren denkt, sollte sich klar machen, dass es vor 1939 zu keinem Zeitpunkt in Frankreich, Großbritannien oder den USA eine Mehrheit in der öffentlichen Meinung für eine entschiedenere Politik gegenüber Hitler gegeben hätte. Deshalb kann Demoskopie gestützte Politik allein nur reagieren, nicht gestalten.
Der freiheitlich-demokratische Rechtstaat braucht eine Ordnung, die aus der Viel-zahl von Interessen und Meinungen mehrheitsfähige Lösungen findet, die auf die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft Antworten geben können. Um der Freiheit willen müssen sie immer offenbleiben – das wissen wir von Karl Popper – weil nur das der Unvorhersehbarkeit der Zukunft entspricht, übrigens auch der Begrenzung jeder Legitimation auf Zeit. Mehrheiten für Veränderungen sind in der Gesellschaft im Zweifel nur auf der Basis von Unzufriedenheit mit Bestehendem zu finden. Weil aber Stillstand – zumal unseren Zeiten so schneller und grundlegender Veränderungen – immer Rückschritt ist, sind Krisen eben immer auch Chancen. Das ist Grund zu Zuversicht.
Viele sind besorgt, im Wettbewerb der Systeme seien autoritäre Herrschafts-systeme freiheitlichen an Effizienz überlegen. Sie übersehen, dass Freiheit und Demokratie fast überall auf der Welt hohe Anziehungskraft haben, weshalb sie China in Hongkong und Taiwan ebenso wie Putin in der Ukraine als Bedrohung ansieht. Also haben wir Grund zu Selbstvertrauen. Auf der Grundlage informierter Öffentlichkeit reduziert Vertrauen soziale Komplexität (Niklas Luhmann) und trägt so das Prinzip der Repräsentation, der Entscheidung mit durch Wahlen auf Zeit legitimierten Personen. Und diese Repräsentanten müssen führen. Max Weber hat in seinem berühmten Vortrag „Politik als Beruf“ geschrieben, Führungspersönlichkeiten, die nicht davor zurückschreckten und dazu begabt seien, die außeralltäglichen, nicht jedem anderen zugänglichen Kräfte – das starke langsame Bohren von harten Brettern – auch in der Gesellschaft zu entfalten, verfügten über Charisma, die Fähigkeit, andere in ihren Bann zu ziehen. Vielleicht ist es das, was Luther meint mit dem Rat „Dem Volk aufs Maul zu schauen“, aber eben nicht nach dem Mund zu reden.
Im Wissen um die Natur des Menschen – in der Programmsprache meiner Partei das christliche Menschenbild -, in dem Wissen, dass wir, jeder Mensch, zum Guten wie zum Bösen geleitet werden kann, und in dem Bewusstsein der Begrenztheit unserer Erkenntnis und der Vorläufigkeit jeder Entscheidung die Gesellschaft, das Volk freiheitlich und friedlich zusammenzuhalten.
In den Losungen der Herrnhuter Brüdergemeine werden für den 1. Mai die Verse 9 und 10 aus dem 1. Korinther 13 empfohlen: „Unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.“ Da sind wir wieder im Irdischen und in der Hoffnung auf Erlösung.