„Wir lassen Griechenland nicht fallen“



Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble im Interview mit dem „Handelsblatt“

Handelsblatt: Herr Minister, aus der Koalition kommen Forderungen nach einer Beteiligung der Banken an dem Hilfspaket für Griechenland. Macht die Bundesregierung eine Umschuldung, also einen Forderungsverzicht der Anleihegläubiger, zur Bedingung für ihre Zustimmung zu dem Paket?

Schäuble: Nein. Lassen Sie es mich ganz deutlich sagen: Es geht nicht um Umschuldung, das ist kein Thema, und davon redet auch niemand, der in der Regierung ein Amt hat. Es muss uns jetzt darum gehen, das Hilfspaket, das wir am 11. April in der Eurogruppe formuliert haben, zu konkretisieren und umzusetzen und damit ein klares Signal zu senden, dass wir Griechenland nicht fallenlassen.

Handelsblatt: Aus der Koalition ist aber der Wunsch klar vernehmbar, auch die Banken an den Hilfen zu beteiligen …

Schäuble: Dass es diesen Wunsch gibt, ist doch verständlich. Aber wie wollen Sie ihn umsetzen, ohne über Umschuldung zu reden und damit die Situation weiter zu destabilisieren?

Handelsblatt: Das ist ja unsere Frage …

Schäuble: Darauf habe ich noch keine befriedigende Antwort. Deshalb ist die Umschuldung nicht Thema in den Programmverhandlungen, die jetzt der IWF, die EU-Kommission und die EZB in Griechenland führen.

Handelsblatt: Wenn dies alles so klar ist, wieso ist dann in Europa der Eindruck entstanden, dass die Bundesregierung auf der Bremse steht?

Schäuble: Die Bundesregierung steht nicht auf der Bremse. Wir drängen auf schnelle Entscheidungen. Unser Ziel ist es doch, ein nachhaltiges Sanierungsprogramm für Griechenland zu erarbeiten, damit sich Griechenland mittelund langfristig wieder an den Märkten finanzieren kann. Griechenland braucht unsere Hilfen bis zum 19. Mai. Unsere Vorstellung ist, dass in dieser Woche das IWF-Hilfsprogramm geschnürt wird und am kommenden Wochenende vorliegt.

Handelsblatt: Und die Zustimmung der Fraktion ist gesichert?

Schäuble: Die Fraktionsvorsitzenden haben am letzten Montag ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung erklärt. Wenn das IWF-Paket also überzeugt, und nichts anderes erwarte ich, können wir am kommenden Montag im Kabinett einen entsprechenden Beschluss herbeiführen. Dann können wir in der kommenden Woche die Voraussetzungen für die parlamentarische Genehmigung schaffen und eventuell sogar noch am 7. Mai den Bundesrat erreichen. Auch in Frankreich will in der kommenden Woche das Parlament die Griechenlandhilfen beschließen. Damit könnten wir rechtzeitig vor dem 19. Mai die notwendigen Hilfen in Kraft setzen.

Handelsblatt: Das Programm soll ja auf drei Jahre angelegt sein. Was kommt denn in den Jahren 2011 und 2012 auf die Gemeinschaft der Euro-Länder noch zu?

Schäuble: Das können wir doch erst sagen, wenn das Programm steht. Genau darüber wird derzeit ja in Athen unter Hochdruck verhandelt. dri

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