Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble anlässlich der Amtseinführung des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums Herrn Matthias Seeger in Potsdam



Ihnen, lieber Herr Seeger, das Amt des Präsidenten des neuen Bundespolizeipräsidiums zu übertragen, ist der erfreuliche Anlass unserer heutigen Zusammenkunft.

Mit der Neuorganisation der Bundespolizei unter dem Dach einer Oberbehörde haben wir eine maßgebliche Veränderung vorgenommen. Das neue Bundespolizeipräsidium, das vorgestern offiziell seine Arbeit aufgenommen hat, bildet das Kernstück der Bundespolizei. Bei ihm werden zentrale Stabs- und Verwaltungsaufgaben gebündelt, hier werden die operativen Fäden zusammenlaufen und hier wird die Dienst- und Fachaufsicht über alle Bundespolizeibehörden wahrgenommen.

Die Neuorganisation der Bundespolizei ist kein Selbstzweck. Wachsende Aufgaben müssen bei knapper werdenden Haushaltsmitteln bewältigt werden. Das zeigt den Handlungsbedarf. Und nicht zuletzt der Wegfall der Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien hat eine Neuordnung der Behördenstruktur notwendig gemacht.

Wir haben die Strukturen deutlich gestrafft, um Personalressourcen für operative Aufgaben zu gewinnen. Dies ist das zentrale Anliegen: im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger die operative Arbeit der Bundespolizei entscheidend zu stärken.

Im Rahmen der konzeptionellen Ausarbeitung der Neuorganisation haben wir Beteiligten aus allen Aufgabenbereichen der Bundespolizei Gelegenheit gegeben, ihre Vorstellungen einzubringen. Alle Anregungen sind in meinem Haus sorgfältig geprüft worden.

Natürlich gibt es immer unterschiedliche Sichtweisen und folglich auch Bewertungen. Seit der Bekanntgabe meiner Entscheidung habe ich übrigens auch persönlich eine Vielzahl von Nachfragen politischer Mandatsträger aller Ebenen bekommen. Das belegt in erfreulicher Weise, welchen Stellenwert die Bundespolizei in Deutschland hat. Viele haben mir dabei versichert, dass die Entscheidung, die Organisation zu straffen, richtig sei ? nur bestimmte Standorte sollten bleiben wie bisher. So verständlich das ist: Wer straffen und Stabsstellen reduzieren will, muss auf den einen oder anderen Standort wohl oder übel verzichten. Daran führt kein Weg vorbei.

Durch die Zusammenfassung und Aufwertung der bisherigen Bundespolizeiämter haben wir die regionalen Zuständigkeiten auf allen Ebenen gebündelt und die vorhandenen Kräfte auf die Schwerpunkte der bundespolizeilichen Arbeit verteilt. Wir werden damit die Polizeibeamtinnen und ?beamten von überflüssiger Verwaltungsarbeit befreien und die Binnenorganisation optimieren. So werden Strukturen gestrafft und Bürokratie abgebaut. Bei der Komplexität des Themas kann dies natürlich nicht mit einem Federstrich geschehen.

Der Weg zur Neuorganisation war nicht ganz ohne Schwierigkeiten. Deshalb soll an dieser Stelle auch einmal all denjenigen gedankt sein, die sich engagiert und unbeirrt dafür eingesetzt haben ? sei es in der Politik, in der Bundespolizei oder in meinem Ministerium.

Wir werden nun zügig, aber mit Augenmaß die Umsetzung vorantreiben, und zwar ? darauf lege ich besonderen Wert ? in enger Abstimmung mit den Personalvertretungen. Die Gespräche werden zur Zeit geführt. Alle notwendigen personalwirtschaftlichen Entscheidungen werden so sozialverträglich wie möglich auf der Grundlage einer Dienstvereinbarung getroffen. Ich habe mir berichten lassen, dass Dienststelle und Personalvertretung sehr konstruktiv und zielorientiert daran arbeiten. Zur sozialverträglichen Unterbringung von Verwaltungspersonal werden wir auch befristet Servicestellen einrichten, in denen Verwaltungsaufgaben sinnvoll erfüllt werden können.

An dieser Stelle gilt mein ausdrücklicher Dank allen Beschäftigten und den Vertretern des Hauptpersonalrats, die den Prozess der Neuorganisation konstruktiv begleitet haben. Mir ist bewusst, dass wir nicht in jeder Einzelheit übereinstimmen können. Am Ende sollte aber immer eine Lösung stehen, die von allen Seiten getragen werden kann. Um dies zu erreichen, wünsche ich mir auf beiden Seiten die anhaltende Bereitschaft zur vertrauensvollen Kommunikation und Kooperation. Ich will dazu gerne meinen Beitrag leisten, möchte aber zugleich betonen, dass Kompromisse mit mir nur zu machen sind, wenn sie die Bundespolizei wirksam nach vorne bringen.

Heute möchte ich den Vertretern des Hauptpersonalrats vor allem aber für die vielen Anregungen danken. Einige davon haben mich wirklich überzeugt. So habe ich jetzt entschieden, das Zugangsalter für den begrenzten Praxisaufstieg in den gehobenen Dienst von heute 45 auf künftig 40 Jahre abzusenken. Damit wollen wir mehr geeignete Beamtinnen und Beamte frühzeitig für höherwertige Funktionen gewinnen und nicht abwarten, bis sie das 45. Lebensjahr erreicht haben. Die Planstellenanhebungen des laufenden Attraktivitätsprogramms lassen uns da den nötigen Spielraum, wenn auch der reguläre Ausbildungsaufstieg die Regel bleiben muss.

Weil ich jungen, motivierten Polizeibeamtinnen und ?beamten die Chance geben will, sich schon frühzeitig zu bewähren, werde ich auch die Bewertung der Dienstposten in den Einsatzhundertschaften verbessern. Zwar werden nicht alle die höchste Bewertung erreichen können, ich denke aber, es ist richtig, wenn wir die Bewertungen und damit die Beförderungsmöglichkeiten für mindestens 20 Prozent der Beschäftigten in den Einsatzhundertschaften anheben, so dass die Besten auch dort die Möglichkeit haben, weiter nach vorne zu kommen.

Auch im Bereich der Spezialverbände streben wir eine Erhöhung der Erschwerniszulage an, die den besonderen Anforderungen und Gefährdungen in diesem Bereich gerecht wird.

Wir haben die Bundespolizei auf einen Weg gebracht, der sie voranbringen, sie fit machen wird für die Zukunft. In diesem Ziel waren und sind wir uns, lieber Herr Seeger, einig.

Bevor ich Ihnen nun das Amt des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums übertrage, möchte ich Ihnen zunächst für Ihr überaus engagiertes Wirken als Leiter des Aufbaustabes für eben jenes neue Präsidium danken. Das war keine leichte Aufgabe, die Sie und Ihre Mitarbeiter mit Erfolg bewältigt haben.

Wenn Sie nun die Leitung dieser neuen, großen Bundesoberbehörde übernehmen, werden Sie zu einem gewissen Teil Neuland betreten. Mit Ihrem bisherigen beruflichen Werdegang haben Sie aber bereits vielfach unter Beweis gestellt, dass Sie solch hohen Anforderungen gewachsen sind.

Sie sind Volljurist und Oberstleutnant der Reserve. Als Sie im Januar 1986 als junger Polizeirat zur Anstellung in den seinerzeitigen Bundesgrenzschutz eingetreten sind, haben Sie früh Verantwortung übernommen, zunächst als Personalreferent im Stab des damaligen Grenzschutzkommandos Nord. Bereits drei Jahre später führte Sie Ihr Weg in das Bundesministerium des Innern, wo Sie als Referent in den Referaten Personal, Luftsicherheit und Grenzpolizei in der Polizeiabteilung tätig waren. 1996 übernahmen Sie die Leitung des wichtigen Bahnpolizei- später des Grenzschutzamtes Köln, wo Sie unter anderem als zuständiger Polizeiführer des Bundesgrenzschutzes den Castor-Transport nach Ahaus leiteten. Im Jahr 1999 waren Sie für drei Monate als Beauftragter der Bundesregierung für die Evakuierung von Kosovo-Vertriebenen in Mazedonien eingesetzt. Direkt anschließend waren Sie zuständiger Polizeiführer des Bundesgrenzschutzes für den polizeilichen Einsatz anlässlich des EU- und Weltwirtschaftsgipfels in Köln. Seit dem 20. November 2000 haben Sie schließlich als Präsident des Grenzschutzpräsidiums West eine hohe Führungsverantwortung überzeugend wahrgenommen.

Bei den Ihnen übertragenen Aufgaben haben Sie stets Ihre ausgeprägte Sachkunde, Ihre Umsicht und Ihre Fähigkeit zur Problemlösung unter Beweis gestellt. Sie gelten als moderner Behördenleiter, bei dem man weiß, woran man ist. Sie führen souverän und konsequent, ohne zu bevormunden. Zugleich haben Sie stets eigenverantwortliches Handeln gefördert und gefordert. Genau das erwarten wir auch jetzt von Ihnen.

Vor Ihnen und Ihrem Team, lieber Herr Seeger, liegen wichtige Aufgaben. Die Bundespolizei verfügt über eine hohe Kompetenz, national wie international. Die gilt es nicht nur zu halten, sondern auszubauen. Ich bin davon überzeugt, dass Sie die Herausforderungen dieses neu geschaffenen Amtes aufnehmen und gemeinsam mit den Führungskräften der Bundespolizei erfolgreich bewältigen werden. Ihr in langjähriger Berufserfahrung erworbenes fachliches Wissen und Können und Ihr in über elfjährigen Praxis als Behördenleiter geschärfter Blick werden Ihnen dabei zugute kommen. Der Erfolg wird sich einstellen, wenn Sie an diese neue, große Aufgabe so herangehen wie Sie das in der Vergangenheit schon bewiesen haben: engagiert, offen, souverän und mit Vertrauen in den Leistungswillen und die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter. Das Bundesinnenministerium wird Sie dabei unterstützen.

Lieber Herr Seeger, ich wünsche Ihnen und Ihrem Team in Potsdam einen guten Start in die neue Aufgabe, viel Erfolg, einen langen Atem und eine glückliche Hand in Ihren Entscheidungen.

Eine so große und bedeutende Behörde braucht ein gutes Team ? insgesamt und auch an der Spitze. Deshalb werden Ihnen, Herr Seeger, zwei Vizepräsidenten zur Seite stehen. Mit Herrn Lohmann und Herrn Hammerl werden zwei erprobte Beamte diese Funktion übernehmen. Beide haben langjährige Erfahrung in Führungsaufgaben, beide haben sehr erfolgreich auch im Bundesministerium des Innern gearbeitet. Herr Lohmann hat sich in unterschiedlichen Funktionen im alten Bundesgrenzschutz und in der heutigen Bundespolizei bewährt, zuletzt als Leiter des wichtigen Bundespolizeiamtes Berlin. Herr Hammerl ist ein routinierter und engagierter Ministerialbeamter, der in verantwortlichen Funktionen im Bundesministerium des Innern ebenso wie im Bundeskanzleramt seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat. Als Referatsleiter im Bundesministerium des Innern war er unter anderem für die Luftsicherheit verantwortlich, weshalb ihm die Bundespolizei bereits vertraut ist.

Lieber Herr Lohmann, lieber Herr Hammerl, ich wünsche Ihnen ? ebenso wie Ihrem Präsidenten und allen Angehörigen der Bundespolizei ? im Interesse unseres Landes viel Erfolg bei der Wahrnehmung Ihrer Aufgaben.