Menschen schützen – unsere Aufgabe seit 50 Jahren



Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble anlässlich der Feierstunde „50 Jahre Zivilschutz / Bevölkerungsschutz in Deutschland“

Je älter man wird, desto eher denkt man: „Früher war alles besser!“. So denken viele auch an die Zeit zurück, als wir uns noch nicht mit immer neuen, diffusen Bedrohungen für unsere Sicherheit auseinandersetzen mussten. Im Vergleich zu heute kommt manchem die Zeit des Kalten Krieges sogar sicherer vor. Ich glaube das nicht. Und wie wenig das stimmt, sieht man im Zivil- und Bevölkerungsschutz. Wenn die Situation damals, im Jahre 1958, nicht so ernst gewesen wäre, dann wäre das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz gar nicht gegründet worden. Die Aufgabe dieser Behörde war es, für den schrecklichen Fall eines Krieges Schutzmöglichkeiten für die Bevölkerung vorzubereiten. Sie müssen bedenken, das war 13 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das nennt man Zivilschutz im Unterschied zum Katastrophenschutz, der den Schutz im Fall nicht militärisch verursachter Unglücksfälle und Katastrophen betrifft.

Man muss immer daran erinnern: Schon die Gründung der Bundesrepublik begleitete die Sorge vor einer militärischen Eskalation zwischen Ost und West. Der Koreakrieg, die Tests immer gewaltigerer Nuklearwaffen unterstrichen, dass die Bundesrepublik einen zivilen Bevölkerungsschutz brauchte – ergänzend zum Katastrophenschutz, für den die Länder zuständig sind. Knapp zehn Jahre nach der Staatsgründung wurde deshalb am 5. Dezember 1958 das Bundesamt für zivilen Bevölkerungsschutz errichtet und der Bund übernahm damit seine Aufgabe in der zweigliedrigen Struktur des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes, wie sie im Grundgesetz angelegt ist. Nach unserer föderalen Verfassung sind alle staatlichen Aufgaben Sache der Länder – solange das Grundgesetz es nicht anders regelt oder zulässt. Auch Katastrophenschutz ist Ländersache. Eine Ausnahme sieht das Grundgesetz in Artikel 73 Absatz 1 Nummer 1 vor. Danach hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis für die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung. Außerdem erlaubt das Grundgesetz nach Artikel 35, dass der Bund die Länder im Rahmen der Amtshilfe und der Katastrophenhilfe unterstützt. Wir haben also vom Ansatz her zwei verschiedene Systeme nebeneinander. Die Folge sind die Katastrophenschutzgesetze der Länder und das Zivilschutzgesetz des Bundes mit den jeweiligen Behörden als Aufgabenträgern. Vereinfacht gesagt engagieren sich die Länder und auch die Kommunen im Schutz der Menschen vor Alltagsgefahren bis hin zu Katastrophen. Der Bund dagegen ist hauptsächlich zuständig für den Schutz vor Kriegsgefahren.

An dieser Aufteilung hat sich bis heute nichts Grundsätzliches geändert. Ich halte es für richtig, dass Länder und Kommunen als die Ebenen, die am meisten über die besonderen örtlichen Umstände einer Schadenssituation wissen, zuerst verantwortlich sind. Allerdings ist schon in den 1960er Jahren deutlich geworden, dass es ganz ohne den Bund im Katastrophenschutz nicht geht. Ab 1968 unterstützte der Bund die Länder mit Fahrzeugen, Personal und Ausbildung. Nach dem verheerenden Großbrand in der Lüneburger Heide 1975 entwickelten Bund und Länder ein Stabsmodell zur besseren Koordination. Auch die Katastrophe von Tschernobyl stärkte das Bewusstsein für besondere, nur gesamtstaatlich zu bewältigende Situationen.

Umgekehrt war auch für den Bund klar, dass ein völlig eigenständiges Zivilschutzsystem neben dem System des Katastrophenschutzes ja auch nicht sinnvoll wäre. Die Synergieffekte von Bund und Ländern mussten genutzt werden. Statt eine Art Zivilschutzarmee, das so genannte „Zivilschutz-Korps“, aufzubauen, entschied sich der Bund 1968 dafür, den Katastrophenschutz der Länder durch Helfer, Ausbildung und Ausstattung zu unterstützen. Er verstärkte die Fähigkeiten der Länder – personell, aber auch mit viel Material, zum Beispiel Spezialfahrzeugen. Für den Einsatz dieser Mittel sah er zunächst eigene Strukturen vor. Sie waren auf Kriegsereignisse ausgerichtet und unterschieden sich wesentlich von den Strukturen im Katastrophenschutz.

Wir hatten also zwei separate Systeme, den Zivilschutz und den Katastrophenschutz. Beide wirkten aber auch sich gegenseitig unterstützend zusammen. Sachlich und von den Mitteln her war das die richtige Lösung.

Stand der Ost-West-Konflikt Pate für die Entstehung dieses Systems, so war klar, dass der Fall des Eisernen Vorhangs nicht ohne Folgen bleiben würde. Nach dem Zerfall des Warschauer Paktes gab der Bund viele seiner Kapazitäten auf. Er löste seine Sanitätsmittellager und den Bundesverband für den Selbstschutz auf. 1999 folgte auch das Bundesamt für Zivilschutz. Die übrig gebliebenen Strukturen wurden als „Zentralstelle für Zivilschutz“ Teil des Bundesverwaltungsamts.

Im Rückblick war manche dieser Entscheidungen problematisch. Damals wurden sie als ganz normal empfunden. Als Teil der so genannten Friedensdividende wurden so wichtige Instrumente des Zivilschutzes wie die Warnsirenen weitgehend abgeschafft. Im Ergebnis blieb von den Fähigkeiten des Bundes nicht sehr viel übrig. Er stützte sich auf das Potential der Länder mit ihren Verwaltungen, den Feuerwehren und vielen Hilfsorganisationen. Allerdings blieb die Fähigkeit erhalten, im Fall einer Krise Strukturen zu reaktivieren.

Dann kam der 11. September 2001. Das war ein Weckruf, dass es mit dem Abbau von Kapazitäten so nicht weitergehen konnte. Nicht einmal ein Jahr später hatten wir das Hochwasser an der Elbe zu bewältigen. Trotz des größtmöglichen Einsatzes aller Kräfte kam es zu dramatischen Schäden. Das Wort „Flutkatastrophe“ war nicht übertrieben.

So unterschiedlich beide Ereignisse waren, so zeigten sie doch beide unmissverständlich den gesamtstaatlichen Handlungsbedarf auf. Sie waren so etwas wie eine doppelte Zäsur. Zwar drohte nicht mehr der Kalte Krieg. Aber auch mit der Selbstsicherheit der 90er Jahre, unserem Lande drohten allenfalls begrenzte, überschaubare Gefahren, war es vorbei. Seitdem setzen sich Bund und Länder intensiv mit der Frage auseinander, welche Kapazitäten wir in beiden Aufgabenbereichen brauchen, und wie wir die Ressourcen von Bund und Ländern am besten miteinander verzahnen.

Vieles von dem, was bis 2001 an Kapazitäten und Fähigkeiten abgebaut wurde, müssen wir heute wieder aufbauen. Das ist manchmal ärgerlich. Es ist aber auch eine Chance. Denn es gibt uns Gelegenheit, flexiblere Strukturen zu schaffen, die uns besser auf die Gefahren von heute und morgen vorbereiten.

Grundlegende Bedeutung hat hierbei die neue Rahmenkonzeption für den Zivil- und Katastrophenschutz, auf die sich Bund und Länder im Dezember 2002 in der Innenministerkonferenz – in der ja der Bundesinnenminister Gast ist – verständigt haben. Diese „Neue Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“ hat das Bewährte der föderalen Aufgabenteilung um neue Möglichkeiten des Zusammenwirkens ergänzt. Die brauchen wir, wenn wir das unstreitige Ziel eines effektiveren Krisenmanagements erreichen wollen.

Dafür müssen wir vor allem drei Dinge leisten. Wir müssen – das hat sich schon 1962 bei der Sturmflut in Hamburg gezeigt –, zu einer reibungslosen Kooperation aller Kräfte kommen. Wir können es uns nicht leisten, dass in der Not kostbare Zeit verstreicht oder Hilfskräfte nicht dort zum Einsatz kommen, wo sie am meisten gebraucht werden.

Ein Problem ist oft, dass die Verantwortlichen über zu wenige oder zu unpräzise Informationen verfügen. Der Militärstratege Clausewitz hat vom „Nebel des Krieges“ gesprochen, den ein guter Feldherr durchdringen müsse. Auch bei Katastrophen gilt: ohne Durchblick und Überblick können sich verantwortliche Akteure nicht koordinieren.

Und wir brauchen eine Vorstellung davon, welche Situationen auf uns zukommen können. Davon hängt ab, welche Fähigkeiten wir schaffen und koordinieren sollten – und welche Informationen dazu notwendig sind. Mit der „Neuen Strategie“ haben Bund und Länder die Lehren aus den Ereignissen von 2001 und 2002 gezogen. Die Strategie macht deutlich: Es geht nicht länger vorrangig um den klassischen „Verteidigungsfall“, sondern es geht vor allem um große Naturkatastrophen und terroristische Anschläge.

Solche Situationen erfordern neue Fähigkeiten und ein engeres Zusammenwirken von Bund und Ländern. Seit 2002 ist eine Menge geschehen, um die drei wesentlichen Aufgaben – Information, Kooperation und Koordination – besser zu lösen. Der Bund hat wieder mehr Verantwortung übernommen. Die Gründung des neuen Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) 2004 knüpft nicht nur an zuvor bestehende Behörden an. Schon die Bezeichnung „Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe“ steht für einen beide Handlungsfelder integrierenden, übergreifenden Ansatz. Aufgabe des BBK ist es, alle Bereiche der zivilen Sicherheitsvorsorge zu einem Schutzsystem für die Bevölkerung und ihre Lebensgrundlagen zu verknüpfen. Der Zusatz „Katastrophenhilfe“ unterstreicht das Angebot des Bundes, die Länder bei großen Gefahrenlagen zu unterstützen.

Dem veränderten Auftrag entspricht das neue Profil der Bundesleistungen. Der Bund hält nicht mehr wie früher pauschal wichtige Ressourcen nur für den Verteidigungsfall vor. Sein System wird an die aktuellen Bedrohungs- und Gefahrenlagen angepasst. Manches, was rein auf den Verteidigungsfall ausgerichtet war, z.B. den Schutzraumbau, machen wir jetzt nur mehr rudimentär oder gar nicht mehr. Statt auf eine flächendeckende Grundversorgung konzentriert sich der Bund auf Spezialfähigkeiten zur Abwehr besonderer Risiken und unterstützt die Länder weiterhin ergänzend da, wo es notwendig ist.

Diesen Anspruch erfüllt er mit vielen kleineren und größeren Schritten. Mit dem Gemeinsamem Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern im BBK haben wir jetzt eine ständig erreichbare Meldezentrale. Sie kann jederzeit ein aktuelles und flächendeckendes Lagebild von einer Katastrophe erstellen. Zusammen mit dem Deutschen Notfallinformationssystem deNIS ist eine Infrastruktur entstanden, die den Verantwortlichen mehr Übersicht gibt und damit zu besseren Entscheidungen beiträgt.

Nicht nur der Entscheidungsträger, auch die Bevölkerung braucht Informationen. Wichtigster Fortschritt in dem Bereich ist das satellitengestützte Warnsystem SATWAS. Erst vor wenigen Tagen haben die Innenminister von Bund und Ländern mit den Rundfunkanstalten der ARD und dem Deutschlandfunk vereinbart, dass wir SATWAS künftig auch bei Katastrophen und anderen erheblichen Gefahren nutzen können. Im Notfall erreichen wir so einen großen Teil der Bevölkerung in nur wenigen Sekunden.

Soweit zur Information. Auch für Kooperation und Koordination haben wir wichtige Strukturen aufgebaut. Die Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz im BBK ist ein wichtiges Beispiel, weil dort Führungskräfte aus Bund und Ländern zu Fortbildungen zusammenkommen und dann auch an Übungen – ich nenne die Übungsserie „LÜKEX“ – teilnehmen. Das ist wichtig, weil es im Ernstfall auf die Leistungs- und Kommunikationsfähigkeit der Verantwortlichen ankommt und Entscheidungsverfahren allen bekannt sein müssen.

Zusammen markieren diese Schritte – und viele weitere, auf die ich jetzt nicht ausführlich eingehe – einen deutlichen Fortschritt gegenüber der Zeit vor 2002. Das sehen die Länder auch so, die den Bund dazu auffordern, noch mehr zu tun. Das Bundeskabinett hat deshalb am 15. Oktober 2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zivilschutzgesetzes beschlossen. Das hatten wir gemeinsam mit den Ländern verabredet. Es heißt jetzt „Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes“. Wie in der Bezeichnung des BBK drückt sich darin ein neues Zusammenwirken von Bund und Ländern aus. Die können künftig auch für den Katastrophenschutz auf die Zivilschutz-Ressourcen des Bundes zugreifen.

Das neue Zusammenwirken ist nicht nur effizienter, es erlaubt auch eine wirksamere Koordination. Der Bund erhält erstmals – bei einem Antrag der Länder, und nur auf Antrag der Länder – die Befugnis für zentrale Koordinierungsmaßnahmen. Das operative Krisenmanagement bleibt bei den Ländern. Es wird kein operatives Weisungsrecht des Bundes gegenüber Landesbehörden geben. Ein solches Weisungsrecht gegenüber der örtlichen Einsatzebene gibt es übrigens selbst in zentralistischen Staaten wie Frankreich oder dem Vereinigten Königreich nicht.

Aber der Bund kann künftig koordinieren, wenn die Länder das wollen, was immer dann der Fall sein wird, wenn die Dimension einer Krise es erfordert. Von Infrastrukturen wie dem Gemeinsamem Melde- und Lagezentrum verspreche ich mir, dass die Verantwortlichen sich auch dann besser abstimmen, wenn der Bund keine formelle Koordinierung übernimmt. Die Hilfen des Bundes und die Kosten für die vom Bund bereitgestellten Helferinnen und Helfer werden wir künftig pauschal verrechnen. Das spart Verwaltungsaufwand, macht vieles leichter und vermeidet streitige Diskussionen. Das neue Gesetz ist ein weiterer, bedeutender Schritt in Richtung eines effektiven Zusammenwirkens.

Auch im europäischen Kontext müssen wir uns Gedanken machen, wie die Zusammenarbeit im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz noch besser werden kann. Ich will deutlich sagen, aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland geht es vor allem darum, die wechselseitige Hilfe unter den Mitgliedsstaaten besser zu koordinieren und damit zu stärken, aber nicht auf die europäische Ebene zu heben. Das Gleichgewicht zwischen dem Prinzip der nationalen Verantwortung und dem Prinzip der Solidarität muss dabei erhalten bleiben. Die nationale Verantwortung kommt zuerst. Nur wo nationale Maßnahmen nicht ausreichen, müssen die Mitgliedsstaaten helfend beistehen. Denn nur subsidiäre Strukturen sind nachhaltig und auf Dauer tragfähig.

So wichtig funktionierende Strukturen sind: Letztlich kommt es auf die Menschen an, die Hilfe leisten. Damit sind Sie alle angesprochen, denen ich heute persönlich und im Namen der Bundesregierung für Ihren Einsatz danken will. Behörden ändern manchmal ihren Namen und Zuschnitt. Da geht es hin und her, wie überall, wo sich Menschen organisieren. Entscheidend ist, was wir aus den Strukturen machen. Dass wir im Schützen der Menschen in unserem Land seit fünfzig Jahren erfolgreich gewesen sind, das verdanken wir zuallererst der Fachkompetenz und Einsatzbereitschaft der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie fallen im Alltagsleben vielleicht weniger auf wie etwa Polizisten. Das wird hoffentlich – bei aller Sorge vor häufigeren Naturkatastrophen – auch so bleiben. Wenn aber etwas passiert, dann sind es die Helferinnen und Helfer, auf die alle Bürger hoffen und vertrauen können. Auch deshalb ist Deutschland ein sicheres Land.

In diesen Dank möchte ich vor allem diejenigen einschließen, ohne die es unser deutsches Hilfssystem – um das uns viele beneiden – gar nicht geben würde: die über eine Million achthundert Tausend Freiwilligen, die sich beim THW und den anderen hoch professionellen Hilfsorganisationen engagieren. Ob die Feuerwehren, das Deutsche Rote Kreuz, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Johanniter Unfallhilfe, der Malteser Hilfsdienst oder die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft: Sie alle haben in den unterschiedlichsten Einsätzen, in großen und weniger großen Notlagen in Deutschland und in aller Welt bewiesen, welch wichtigen Dienst am Mitmenschen und für den Mitmenschen sie leisten.

Diese Leistung wollen und sollen wir zukünftig noch deutlicher würdigen. Heute ist auch der Tag des Ehrenamtes. Es passt also gut, wenn ich Ihnen heute von der Idee eines Förderpreises Bevölkerungs- und Katastrophenschutz berichte. Er könnte helfen, die große Leistung der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer auch in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Dabei geht es mir nicht allein um den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Mir geht es auch um die wichtige gesellschaftliche Bedeutung des ehrenamtlichen Engagements in den Hilfsorganisationen. Die Jugend- und Nachwuchsarbeit vermittelt jungen Menschen nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern auch die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. An vielen Orten hilft sie jungen Menschen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Das ist ein Dienst für unsere Freiheit. Dabei müssen wir auch noch stärker die Potentiale von Frauen und von Menschen mit Migrationshintergrund einbinden. Die Gesellschaft lebt vom Einbringen des Einzelnen in die Gesellschaft.

Jedem, egal wie alt er oder sie ist, gibt das Engagement im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz etwas zurück. Damit wir das hohe Niveau halten können, müssen wir noch mehr für das Ehrenamt werben. Vielleicht könnte ein Förderpreis auf besonders attraktive Konzepte für das Mitmachen aufmerksam machen – und auf Arbeitgeber, die den Einsatz ihrer Mitarbeiter für die Gemeinschaft besonders unterstützen. Die Arbeitgeber bekommen dadurch ja auch viel zurück. Gerade diese Engagierten sind aktive Mitarbeiter.

Das Sich-Einsetzen für die Gemeinschaft ist die Grundmotivation, aus der alle im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz handeln. Sie schützen unser Land und seine Menschen. Zugleich leisten sie einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt. Viele Menschen schauen mit Sorge in die Zukunft. Oft ist das nicht, weil sich ihre persönlichen Umstände verschlechtern, sondern weil sie das Gefühl haben, bei uns ist nur noch jeder sich selbst der nächste. Ich glaube, dass sie nicht recht haben. Die vielen Aktiven im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz leben das Gegenteil vor. So zeigen die 1,8 Millionen Ehrenamtlichen, dass unsere Gesellschaft nicht nur aus Egoisten besteht, sondern eine Gesellschaft freier Bürger ist, die sich solidarisch unterstützen.

Das ist nicht nur in Sonntagsreden so!

Ich möchte ihnen eine Geschichte erzählen, die mich persönlich beeindruckt hat. 1997 sprachen wir noch viel mehr als heute über den Stand der Deutschen Einheit. Als dann quasi über Nacht die Oderregion unter Wasser stand, fuhren viele Tausende Helfer aus ganz Deutschland nach Brandenburg und packten an. Viele waren noch gar nie dort gewesen. Die Betroffenen waren ganz gerührt. 1999 kam dann das große Donau-Hochwasser in Bayern. Eine Gruppe junger Menschen aus Frankfurt an der Oder wollte etwas von der überwältigenden Hilfsbereitschaft zurückgeben und fuhr nach Neustadt an der Donau. Unternehmer gaben ihnen Geld mit, der örtliche Anglerladen lange Gummihosen. Vor Ort wurden sie dann mehreren Familien zugeteilt, denen sie tagelang halfen. Bis heute gibt es einen freundschaftlichen Kontakt.

Bestimmt kennen viele von Ihnen ähnliche Geschichten – oder haben sie selbst erlebt. Für die Zukunft des Bevölkerungs- und Katastrophenschutzes wünsche ich mir, dass wir Professionalität und menschliche Zuwendung weiterhin so gut verbinden. Dann schützen wir nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern halten unsere Gesellschaft auch in schwierigen Zeiten zusammen.

Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und herzlichen Dank.