Wir dürfen jetzt nicht nachlassen



Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verteidigt in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse vom 14. März 2013 seinen Sparhaushalt für 2014 – und spricht über mögliche Steuerentlastungen für die nächste Legislaturperiode.

Passauer Neue Presse (PNP): Herr Schäuble, bereits ab dem Jahr 2016 soll der Bund Milliardenüberschüsse erwirtschaften. Woher nehmen Sie den Optimismus?

Schäuble: Wir waren erfolgreicher in der Finanz- und Wirtschaftspolitik und in der Arbeitsmarktentwicklung als wir zu Beginn der Legislaturperiode zu hoffen gewagt haben. Deshalb haben wir den Zielwert der Schuldenbremse vier Jahre früher erfüllen können als vorgesehen. Schon für 2014 ergibt sich nach den Regeln des Grundgesetzes ein nachhaltig ausgeglichener Haushalt. Wenn man Einmaleffekte, wie insbesondere die Einzahlung in den ESM oder Konjunktureffekte rausrechnet, decken sich dann Einnahmen und Ausgaben vollkommen. Das hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. Das ist dann die Basis dafür, dass wir in den darauf folgenden Jahren anfangen können, unseren hohen Schuldenstand zurückzuführen. Wir sind nach europäischem Recht verpflichtet, die Schulden auf 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu senken. Der Schuldenstand liegt bei mehr als 80 Prozent. Da bleibt noch eine Menge zu tun. Wir haben wirklich gute Erfolge erzielt, aber wir dürfen jetzt nicht nachlassen.

PNP: Die Opposition spricht von Wunschdenken und Luftbuchungen…

Schäuble: Der Vorwurf unseriöser Planungen ist längst widerlegt. Wir haben in dieser Legislaturperiode am Ende jeden Jahres geringere Defizite gehabt als am Anfang prognostiziert. Wir sparen, ohne die Konjunktur abzuwürgen. Wir sind in diesem Jahr bei den Ausgaben auf dem Niveau von 2010 und werden dies 2014 unterschreiten. Die Tatsache, dass wir trotz einer guten Konjunktur nicht der Versuchung erlegen sind, die Ausgaben des Staates auszuweiten, wie es in der Vergangenheit die Regel war, ist das eigentliche Verdienst dieser Bundesregierung.

PNP: Der Bundesrat hat die Maßnahmen gegen die „kalte Progression“ bei der Einkommensteuer gestoppt. Kommt das Projekt auf Wiedervorlage?

Schäuble: Wir wollten verhindern, dass aus dem Zusammenwirken von Preissteigerungen und progressivem Einkommensteuertarif vom Parlament nicht gewollte Steuermehrbelastungen für die Bürger entstehen. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wurde das Gesetz von der Opposition im Bundesrat gestoppt. Wir werden das Projekt in der nächsten Legislaturperiode wieder aufgreifen, denn die kalte Progression wirkt ja weiter.

PNP: Die Koalition streitet auch um die steuerliche Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Wie stellen Sie sich eine Lösung vor?

Schäuble: Die Kosten für die Gleichstellung sind bekannt und mit etwa 30 Millionen Euro für Bund, Länder und Kommunen haushaltspolitisch nicht die größte Herausforderung. Die Debatte über die Gleichbehandlung führt aber nun zur Debatte über das Ehegattensplitting insgesamt. Die CDU hat bereits in den neunziger Jahren beschlossen, dass wir die Familienförderung schrittweise zu einem Familiensplitting umbauen wollen. In dieser Legislaturperiode werden alle familienpolitischen Leistungen evaluiert. Familienministerin und Finanzminister wollen schrittweise in Richtung Familiensplitting. Die Richtung ist klar, die konkrete Ausgestaltung müssen wir sehen. Das ist sicherlich ein Projekt für die nächste Legislaturperiode.

PNP: Themenwechsel, zum Bereich Europa: Ist das Schlimmste in der Finanzkrise inzwischen überstanden?

Schäuble: Ich hoffe, dass wir das Schlimmste überstanden haben. Aber es gibt immer noch Risiken. Auf der positiven Seite: Die durchschnittliche Neuverschuldung der Euro-Zone hat sich in den letzten drei Jahren halbiert. Die Wettbewerbsfähigkeit auch von Griechenland – nimmt zu. Aber wir müssen unbedingt vermeiden, jetzt in alte Verhaltensmuster zurückzufallen. Wir müssen auf dem Weg der Konsolidierung weitergehen. Alles ist noch fragil.

PNP: Nächstes Sorgenkind ist Zypern. Wird das Land finanzielle Hilfe erhalten?

Schäuble: Für Zypern gelten die gleichen Regeln wie für alle anderen. Bevor wir über Hilfe reden, müssen wir über die Ursachen der Probleme sprechen. Die Ursache ist großteils ein überdimensionierter Bankensektor, den Zypern durch entsprechende Gesetze angeworben hat. Und die Fragen rund um das Thema Geldwäsche müssen gelöst sein, wie auch Zypern seine Einnahmebasis verbessern muss. Ich bin sicher, dass wir im Bundestag die notwendige Mehrheit erhalten, falls wir zu Hilfsentscheidungen kommen. Aber soweit sind wir noch nicht.

PNP: Wie gefährlich ist Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat der SPD?

Schäuble: Ich habe die Meinungsumfragen zur Kenntnis genommen, dass von den SPD-Anhängern kaum mehr als die Hälfte glaubt, dass er der richtige Kanzlerkandidat sei. Aus unserer Sicht ist er somit kein schlechter Kanzlerkandidat. Dennoch: Es gibt keinen Grund zur Überheblichkeit. Die Entscheidungen fallen kurz vor der Wahl. Wir haben noch ziemlich viel zu tun, von der Haushaltskonsolidierung bis zur Stabilisierung der Euro-Zone. Darauf konzentrieren wir uns.

Das Interview führte Christoph Slangen.

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