Ich hatte Liebeskummer wegen einer Französin



50 Jahre Élysée-Vertrag, 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft: Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble spricht in einem Focus Online Interview vom 22. Januar 2013 über die besondere Beziehung zu unserem Nachbarn im Westen

Das Interview führte Manfred Weber-Lamberdière, Paris

FOCUS Online: Was sind ihre ersten Erinnerungen an Frankreich?

Wolfgang Schäuble: Ich bin in Grenznähe aufgewachsen, und Straßburg war die große Metropole unserer Region. Ich bin schon früh mit der französischen Sprache in Berührung gekommen. Als ich klein war, habe ich in einem Haus gewohnt, in dem ein französischer Offizier einquartiert war. Freiburg lag ja in der französischen Besatzungszone. Meine zweite Erinnerung ist ein Klassenausflug zu einem deutsch-französischen Militärfriedhof des 1. Weltkriegs in den Südvogesen. Als Jugendlicher habe ich da eine Zeit lang gearbeitet. Es war sehr beeindruckend. Frankreich war also in meiner Kindheit und Jugend sehr präsent. Das hat sich später noch verstärkt, seit wir eine gemeinsame Währung und keine Grenzkontrollen mehr haben.

FOCUS Online: Was hat Frankreich Deutschland in den letzten 50 Jahren gebracht?

Wolfgang Schäuble: Nach einem Krieg, der heute schwer zu verstehen ist und den ich auch als Kind nicht verstand, haben die Franzosen den Deutschen die Hand gereicht. Sie haben uns geholfen, die dummen Fehler der vorherigen Generation zu verstehen. Frankreich hatte für meine Generation auch etwas Faszinierendes. Das berühmte Savoir-vivre, die Eleganz und nicht zu vergessen, die Faszination des Charmes der Französinnen. Wir mochten die französischen Filme und Schauspielerinnen, vor allem Jeanne Moreau und Catherine Deneuve. Dabei konnte meine Generation nicht so einfach wie heute nach Paris reisen. Deshalb habe ich die französische Hauptstadt erst mit 19 oder 20 Jahren anlässlich einer Studentenreise entdeckt. Ich war hingerissen und voller Bewunderung.

FOCUS Online: Ihre schlimmste Erinnerung an Frankreich?

Wolfgang Schäuble: Während meiner Zeit beim Militärfriedhof in den Vogesen habe ich mich verletzt und eine besonders schmerzhafte Tetanus-Spritze bekommen. Ich habe auch Liebeskummer wegen einer Französin gehabt. Es ist aber so lange her, sie würde mich heute nicht mehr erkennen.

FOCUS Online: Ihre schönste Erinnerung?

Wolfgang Schäuble: Da gibt es vieles. Frankreich ist für mich das Land der Kultur, der Küche, der Lebenskunst. Besonders beindruckt hat mich damals die Deutschlandreise von De Gaulle. Am Anfang haben wir diesen älteren und etwas steifen Herren skeptisch gesehen. Aber als er seine große Rede an die Jugend gehalten hat, strahlte er eine enorme Autorität aus. Das war beeindruckend.

FOCUS Online: Die französische historische Figur, die Sie beeindruckt?

Wolfgang Schäuble: Ich weiß, dass er umstritten ist, aber für mich ist das Napoleon. Er spielte eine wichtige Rolle für Deutschland, das er noch mehr als Frankreich verändert hat.

FOCUS Online: Ihr französischer Lieblingskünstler?

Wolfgang Schäuble: Picasso (wenn man ihn als Franzose betrachtet).

FOCUS Online: Ihr Lieblingswort in der französischen Sprache?

Wolfgang Schäuble: L´ amour!