Flucht, Vertreibung und Versöhnung



Festrede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble zum Tag der Heimat 2008 in Berlin

(Es gilt das gesprochene Wort.)

Im Gang der Zeit, mit dem Wechsel der Generationen verblasst die Vergangenheit. Wer kann sich nach langer Zeit noch erinnern, welches Kleid die Mutter oder Großmutter bei einem bestimmten Anlass trug, welche Worte der Vater oder Großvater sprach und ob Bruder oder Schwester dabei geweint haben?

Das Vergessen ist die Regel, anders könnten wir im Hier und Heute nicht zurechtkommen. Im Leben gibt es aber auch Erlebnisse, die man nie vergisst und nicht vergessen kann, selbst wenn man es wollte. Flucht und Vertreibung sind solche Erlebnisse. Vielfach bleiben selbst die Details gegenwärtig, in denen der Schrecken, das Leid und die Ohnmacht der Opfer Gestalt annahmen.

Es ist unsere Aufgabe als Gemeinschaft, diejenigen zu unterstützen, die Leid erfahren haben. Dazu gehört es, dass wir die Lebensgeschichten der Opfer von Flucht und Vertreibung kennen lernen und im Bewusstsein halten. Ihre Erfahrungen sind Teil ihrer Identität. Weil die Heimatvertriebenen Teil unserer Gemeinschaft sind, sind ihre Erfahrungen auch Teil unserer Identität ebenso wie die Versöhnungsarbeit, die sich daran nach dem Zweiten Weltkrieg angeschlossen hat.

In diesem Sinne hat die Bundesregierung am 19. März dieses Jahres den Aufbau einer Ausstellungs- und Dokumentationsstätte zu Flucht, Vertreibung und Versöhnung im Berliner Deutschlandhaus beschlossen. Vor drei Tagen hat das Kabinett einen entsprechenden Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht. Die Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag vorausgesetzt, kann in näherer Zukunft die ?Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung? ihre Arbeit auf dieser Grundlage aufnehmen.

Damit würde ein lang gehegter Wunsch der deutschen Heimatvertriebenen in Erfüllung gehen. Die Bundesregierung verfolgt dieses Projekt gemeinsam mit den Heimatvertriebenen und im Dialog mit unseren östlichen Nachbarn. Ziel ist es, die Geschichte von Flucht und Vertreibung als Teil unserer gesamtdeutschen Geschichte angemessen zu würdigen. Es ist ganz wesentlich Ihrem Engagement, Frau Steinbach, und unserem zu früh verstorbenen Kollegen Peter Glotz zu verdanken, dass wir diesem Ziel immer näher kommen.

Die ?Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung? hat die Chance, gerade auch bei den Nachgeborenen das Bewusstsein zu stärken für die Erlebnisse der Betroffenen, für die Trauer um die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung. Ich meine, dass erst damit die Geschichte der Integration der deutschen Heimatvertriebenen zu einem wirklichen Abschluss kommt.

Die Vorfahren der deutschen Heimatvertriebenen lebten zum Teil schon seit mehreren Jahrhunderten friedlich in den Gegenden, aus denen ihre Nachkommen am Ende des Zweiten Weltkriegs vertrieben wurden. Sie hatten in den Ostgebieten wie auch in den Ländern außerhalb der damaligen deutschen Staatsgrenzen Grund und Boden, sie hatten sich eine Existenz aufgebaut, auch wenn der Druck der Anpassung auf die Auslandsdeutschen seit dem 1. Weltkrieg gewachsen war. Mit dem Zweiten Weltkrieg verkehrte sich der ungeheure Reichtum, der aus der Begegnung der Kulturen in vielen Regionen erwachsen war, in Hass und Tod.

Dem war die grausame Vertreibungs- und Vernichtungspolitik der deutschen Nationalsozialisten in den östlichen Kriegsgebieten vorausgegangen. Sie hatte alle moralischen und rechtlichen Schranken zum Schutz der Zivilbevölkerung außer Kraft gesetzt. Der Vormarsch der Roten Armee hat die Gewaltspirale in umgekehrter Richtung fortgesetzt. Zu den vielen Millionen zivilen Opfern des Krieges kamen auch die deutschen Opfer von Flucht und Vertreibung in den Ostgebieten und unter den deutschen Minderheiten in Osteuropa, Südosteuropa und Russland.

Die 14 bis 15 Millionen deutschen Heimatvertriebenen mussten in ihrer neuen Heimat, die in Trümmern lag, völlig von vorn anfangen. Vielerorts schlug ihnen wenig Sympathie entgegen. Nahrung und Wohnraum waren knapp. Die Menschen waren in erster Linie damit beschäftigt, selbst über die Runden zu kommen.

Ich weiß aus Erzählungen, wie nach dem Krieg bei uns im Schwarzwald die Vertriebenen auftauchten, die Älteren zum Teil noch in ihren traditionellen Trachten. Sie klopften an die Haustüren und boten in ihrem Dialekt ihre Dienste als Näherinnen, Waschfrauen und dergleichen an. Kaufmänner, die in ihrer Heimat einen eigenen Laden gehabt hatten, mussten sich auf der Baustelle verdingen oder auch als Knechte auf dem Bauernhof für wenig mehr als Kost und Logis. Manch einer hatte Verschleppung und Zwangsarbeit noch in den Knochen.

Wäre es nach dem Kalkül Stalins gegangen, hätte der große Strom an Heimatvertriebenen Deutschland noch tiefer ins Chaos gestürzt. Die Situation war brisant und spannungsgeladen. Aber schließlich hat es ? entgegen Stalins Absicht ? doch funktioniert, nicht zuletzt wegen der Offenheit und Leistungsbereitschaft der Vertriebenen. Viele von ihnen hatten vor dem Krieg schon allerhand bewegt. Nach dem Krieg haben sie dann Außerordentliches auf die Beine gestellt. Der Wiederaufbau Deutschlands, die Modernisierung unseres Landes ist ein bleibendes Verdienst auch und gerade der Heimatvertriebenen.

Sie haben Deutschland nicht nur materiell wieder aufgebaut, sondern auch die geistig-moralischen Grundlagen unserer Freiheitsordnung mitgeprägt. Es ist kein Zufall, dass die Heimatvertriebenen den Weg in die Freiheit und Selbstverantwortung gegangen sind, soweit sie das Glück hatten, in den westlichen Teil Deutschlands zu kommen. Zum einen gab es für sie nach dem Ende der nationalsozialistischen Willkürherrschaft wenig mehr als die Besinnung auf die eigene Freiheit und die eigenen Fähigkeiten. Die meisten konnten aus ihrem alten Leben wenig mehr hinüberretten als die eigene Haut. Zum anderen fanden die deutschen Heimatvertriebenen in einer sich freiheitlich entwickelnden Ordnung die besten Voraussetzungen für gesellschaftliche Teilhabe. Integration hat überall dort gute Erfolgsaussichten, wo es auf Leistung, Fleiß und Eigeninitiative ankommt, wo es Möglichkeiten zur Entfaltung individueller Stärken gibt.

Ich habe gerade von Integration gesprochen und mir scheint dieses Wort auch bei den deutschen Heimatvertriebenen am Platz zu sein. Integration setzt eine umfassende Neuorientierung voraus, einen Willen zur Eingliederung in die Gemeinschaft vor Ort und ein sich Hineinbegeben in andere Umstände, das Akzeptieren einer Lebensart, die man dort vorfindet. All das mussten die Heimatvertriebenen leisten.

Natürlich gibt es einen großen Unterschied zwischen der Integration von Einwanderern heute und der Integration der deutschen Heimatvertriebenen damals. Das betrifft vor allem die gemeinsame Wertebasis, die gemeinsame Sprache, das Gefühl der Zugehörigkeit, die bei den Heimatvertriebenen von Anfang an gegeben waren. Das hat ihre gesellschaftliche Einbindung sehr erleichtert. Dafür waren die Umstände damals bei weitem schwieriger und es hätte leicht zu gegenseitiger Abschottung kommen können.

Die materielle Integration der Heimatvertriebenen ist dank großer Bemühungen auf beiden Seiten vorbildlich gelungen, besser noch als selbst Optimisten unmittelbar nach Kriegsende zu hoffen gewagt hatten. Der überwiegende Teil der Heimatvertriebenen in Westdeutschland kam über die Jahre zu Ansehen und einem zumindest bescheidenen Wohlstand.

Dagegen blieben die Heimatvertriebenen in einem anderen wichtigen Punkt lange Zeit außen vor: Die Menschen wurden aufgenommen, aber es gab in der Gesellschaft noch keinen Platz für ihre Erfahrungen, die millionenfachen Erinnerungen an Flucht, Tod und Vertreibung, an das erlittene Unrecht. Auch mit ihrer Trauer über den Verlust der Heimat blieben die Vertriebenen oft alleine. Die Mehrheitsgesellschaft hatte zuerst mit ihren eigenen Erlebnissen zurandezukommen. Das schwierige Verhältnis zu den Nachbarländern war in den ersten Nachkriegsjahrzehnten wohl ebenfalls noch nicht so weit, dass wir den Weg der Versöhnung hätten gehen können und gleichzeitig die Erinnerungen der deutschen Heimatvertriebenen zum gemeinsamen Gut hätten machen können. Die Versöhnung musste zuerst ihre Wurzeln schlagen.

Erst die Aufarbeitung des nationalsozialistischen Terrors, die Aussöhnung mit unseren Nachbarn und das Zusammenwachsen Europas machten es möglich, dass die Erinnerungen der Heimatvertriebenen zu den Erinnerungen aller Deutschen werden konnten. Dazu war auch das klare Bekenntnis der Bundesregierung nötig, keine finanziellen oder territorialen Ansprüche zu erheben. Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen, was mein Amtsvorgänger Otto Schily vor drei Jahren beim Tag der Heimat gesagt hat: ?Die Bundesregierung wird weder jetzt noch in Zukunft im Zusammenhang mit der Vertreibung und entschädigungslosen Enteignung von Deutschen Vermögensfragen aufwerfen.?

Dabei können wir sehen, wie eng subjektives Erinnern und objektives Verstehen zusammenhängen. Erst als wir verstanden hatten, dass begangenes Unrecht dem erlittenen Unrecht vorausgegangen war, konnte sich für unsere Gesellschaft das Tor zu den Erinnerungen der Vertriebenen öffnen. Erst als wir verstanden hatten, dass wir auf die völkerrechtswidrigen Vertreibungen keine Forderungen begründen durften, konnten die Erinnerungen der Vertriebenen ihren Platz bekommen. Und erst als wir ein wechselseitiges Verstehen mit unseren Nachbarn erreicht hatten, konnte sich für uns dieses Tor zu einem wichtigen Teil unserer Vergangenheit öffnen.

All das musste geschehen, bevor die Erfahrungen der Heimatvertriebenen zu unserem gemeinsamen Gut werden konnten. All das war möglicherweise sogar die Voraussetzung für das große Interesse am Thema Flucht und Vertreibung, das etwa um die Jahrtausendwende bei uns einsetzte und das bis heute anhält. Zahlreiche Fernsehdokumentationen, Spielfilme, Buchveröffentlichungen haben inzwischen die Geschehnisse um Flucht und Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg aufgegriffen und öffentlich gemacht.

Viele Menschen aus der Erlebnisgeneration haben den Mut gefunden haben, sich ihrem eigenen Schicksal zu stellen und sich mit ihm auseinander zu setzen. Vor allem die Enkelgeneration schaut genauer hin und fragt nach. Daher stimmt es mich froh, wenn ich höre, dass vermehrt Vertreter der Erlebnisgeneration bereit sind, in den Schulen von ihren Erinnerungen zu erzählen. Besser kann Geschichtsunterricht nicht ergänzt werden.

Für dieses Wechselspiel von Erinnern und Verstehen waren die Reisen der Vertriebenen in die alte Heimat ungemein hilfreich, ihre persönlichen Kontakte mit den Einheimischen vor Ort, der rege Austausch auch mit den Heimatverbliebenen. Ein ganz wichtiger Schritt war die ?Charta der deutschen Heimatvertriebenen? von 1950 mit ihrem Bekenntnis zum Verzicht auf Rache und Vergeltung. Ungemein hilfreich war die Arbeit des Bundes der Vertriebenen. Und sie ist es immer noch, als Sprachrohr der deutschen Heimatvertriebenen, aber auch als Partner der Bundesregierung bei der gegenwärtigen Integrationsarbeit.

Wer sich selbst seinen Weg in die Gemeinschaft bahnen musste, kann auch anderen zur Seite stehen, die in unserem Land eine Heimat suchen. In der Öffentlichkeit ist der integrationspolitische Beitrag des Bundes der Vertriebenen wenig bekannt. Ich schließe mich daher gern der Bundeskanzlerin an, die in ihrer Rede zum 50. Jahrestag der Gründung des Bundes der Vertriebenen gerade diese Rolle des BdV gewürdigt hat. Ich schließe mich nicht zuletzt gern dem Dank der Kanzlerin an für die enge und zuverlässige Begleitung der Integrationspolitik der Bundesregierung.

Vertreter des Bundes der Vertriebenen sind und waren aktiv bei der Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans, im Kreis der Wohlfahrtsverbände, auf Landesebene und kommunaler Ebene und auch bei der Migrationserstberatung. Auf allen diesen Feldern haben Sie sich einen guten Namen gemacht.

Danken möchte ich auch den rund 300 ehrenamtlichen Betreuern des Bundes der Vertriebenen, die die Zuwanderer zur Migrationserstberatung hinführen. Wir brauchen dieses Engagement, damit die Zuwanderer das Beratungsangebot so früh wie möglich nach ihrer Einreise nutzen. Und wir zählen auch weiterhin auf Ihre Unterstützung auf allen Ebenen der Integrationspolitik: als eigenständig Handelnde, als Partner der Bundesregierung und ausdrücklich auch als kritische Begleiter.

Ein Teil der Menschen, die heute zu uns kommen, hat sich freiwillig auf den Weg gemacht, aus unterschiedlichen beruflichen und privaten Gründen. Ein anderer Teil der Menschen kommt dagegen nicht freiwillig, sondern weil er in der Heimat massivem Druck ausgesetzt war. Am Tag der Heimat denken wir an die deutschen Heimatvertriebenen ebenso wie an die Not aller Menschen, die zwangsweise ihre Heimat verlassen mussten und müssen. Wir denken an die Menschen weltweit, die als Angehörige einer Minderheit von Verfolgung und Unterdrückung bedroht sind und trotzdem an ihrer Heimat festhalten. Und wir denken auch an alle Deutschen, die trotz Gewalt und Anfeindung nach dem Zweiten Weltkrieg in den Vertreibungsgebieten geblieben sind.

Im geteilten Europa und im geteilten Deutschland hatten die Menschen in Ost und West ein völlig unterschiedliches Schicksal. Im westlichen Teil konnten die Heimatvertriebenen Mitglieder einer freiheitlichen Gesellschaft werden. Im östlichen Teil gerieten die Heimatverbliebenen abermals unter die Herrschaft von Diktatoren. In den weniger schlimmen Fällen wurden sie zur Assimilierung gezwungen, häufiger aber waren sie erheblichen Repressalien wie Deportation und Zwangsarbeit ausgesetzt. Auch diese Geschehnisse sind Teil unserer Vergangenheit und haben ihren Platz in unserer Erinnerung an Flucht und Vertreibung verdient.

Heute zählen rund 1,4 Millionen Menschen zu der deutschen Minderheit in Ost- und Südosteuropa und in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ? mit abnehmender Tendenz. Ihre Lage hat sich wirtschaftlich und gesellschaftlich konsolidiert, auch wenn das lange gedauert hat. Die schrittweise Verbesserung ihrer Situation ist dem europäischen Einigungsprozess zu verdanken und auch den Hilfen der Bundesregierung. Ebenso wichtig waren die Unterstützungsleistungen der Vertriebenenorganisationen.

Im Namen der Bundesregierung danke ich für die vielfältige Unterstützung, die die Heimatverbliebenen von ihren hier lebenden Verwandten und Bekannten erfahren haben. Diese Hilfe wird in keiner Statistik festgehalten. Aber gerade solche unspektakulären Aktivitäten bieten die Gewähr, dass die Hilfe dort ankommt, wo sie am dringendsten gebraucht wird.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat sich die Situation der deutschen Minderheiten in Ost- und Südosteuropa zwar unterschiedlich, insgesamt aber positiv entwickelt. Sie sind heute rechtlich, politisch, wirtschaftlich, kulturell und sozial gut integriert. Das liegt auch daran, dass dem Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz nationaler Minderheiten inzwischen 22 Staaten in Mittel- und Osteuropa beigetreten sind, in denen ein Großteil der deutschen Heimatverbliebenen lebt. Das Rahmenübereinkommen setzt an die Stelle ablehnender Abgrenzung zwischen Volksgruppen die Erkenntnis, dass die nationalen Minderheiten mit ihrer eigenen Sprache und ihrer eigenständigen Kultur zum kulturellen Reichtum des Landes beitragen, in dem sie leben. Das schafft eine gute Basis für das Zusammenleben.

Wir denken heute auch an das Schicksal der Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion. Die deutsche Minderheit in der ehemaligen Sowjetunion war nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juni 1941 am längsten staatlicher Willkür, erheblichen Diskriminierungen im Alltag und massiven Repressionen ausgesetzt. Die Vertreibung der Deutschen fand hier nicht in Richtung Westen statt, sondern zunächst in den dortigen Osten. Nach dem Ende der Sowjetunion haben sich viele Russlanddeutsche entschlossen, nach Deutschland auszusiedeln. Andere sind geblieben.

Inzwischen konnte sich die deutsche Minderheit auch in Russland organisieren. Sie russische Regierung nimmt sie heute zunehmend als politische Größe wahr und schätzt vor allem auch ihr großes wirtschaftliches Potenzial. Dahinter steht das beharrliche Eintreten der Bundesregierung für die Belange der Russlanddeutschen seit Anfang der 90er Jahre. Diese Entwicklung war kein Selbstläufer. Aber allmählich wuchs auch in der russischen Regierung die Erkenntnis des eigenen Nutzens einer starken Selbstorganisation der dort lebenden deutschen Minderheit.

Ich hoffe, dass die russische Regierung ihren Kurs der Achtung und Förderung der deutschen Minderheit auf ihrem Staatsgebiet fortsetzt. Protestieren müssen wir dagegen im Namen des Selbstbestimmungsrechts der Völker gegen die russischen Operationen in Georgien. Wieder einmal sind Elend, Flucht und Vertreibung die Folgen militärischen Eingreifens.

Am 27. Juni 2008 verstarb im hohen Alter von 92 Jahren Lenka Reinerová, die letzte Vertreterin der früher so glanzvollen deutschsprachigen Literaturszene in Prag. Am 25. Januar 2008 sollte sie im Deutschen Bundestag die Gedenkrede für die Opfer des Nationalsozialismus halten. Aus gesundheitlichen Gründen war ihr das nicht mehr möglich. Die Rede wurde daher von der Schauspielerin Angela Winkler verlesen.

Darin heißt es: ?? dass wir friedlich miteinander leben wollen und können, ist vielleicht eine Selbstverständlichkeit, die allerdings unterstützt und behütet werden muss. Es scheint mir, dass wir immer noch zu wenig Verständnis für die Lebensart, die Tradition und den Glauben eines sehr großen Teils unserer Mitmenschen auf diesem Planeten aufbringen.?

Im Bewusstsein an die Opfer von Flucht und Vertreibung müssen wir uns das friedliche Miteinander immer wieder von neuem behutsam erarbeiten.