Dem­ago­gi­scher Po­pu­lis­mus nicht nur ein Pro­blem Ame­ri­kas



Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble äußert sich in der BILD vom 10. November 2016 über die Gründe des vielerorts auftretenden Populismus. Er zeigt sich optimistisch, dass demokratische Gesellschaften diesem Phänomen durch eine offene Diskussion, die unterschiedliche Sichtweisen zulässt, begegnen können.

Demagogischer Populismus ist nicht nur ein Problem Amerikas. Auch anderswo im Westen sind die politischen Debatten in einem besorgniserregenden Zustand.

Das hat seine Gründe in realen Problemen, oft wirtschaftlicher Art. Aber nicht das ist das Neue. Auch kennen wir, dass manchen nur Parolen einfallen. Neu sind vor allem die Meinungsblasen, die oft genug abgekoppelt von der Wirklichkeit sind.

Besonders gut lässt sich das im Internet beobachten, das für Demagogen zugleich Nährboden und Spielwiese ist. Hier ergeben Verschwörungstheorien und Eliten-Verachtung einen gefährlichen Mix: Es ist völlig egal, ob Behauptungen wahr sind – Hauptsache, der Empörungsgrad stimmt.

Zunächst müssen wir uns selbstkritisch fragen: Warum finden Parolen, vermeintlich einfache Lösungen, sogar offensichtliche Lügen, Gehör und Gefolgschaft? Ein Stück weit liegt das gewiss daran, dass unsere Diskussionen und Entscheidungsprozesse kaum noch nachvollziehbar sind. Dass die Detailfülle unserer Regulierungen den Blick auf die Substanz oft versperrt. Und dass die Eliten in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft nicht immer ein gutes Bild abgeben.

Was tun? Die realen Probleme müssen und können wir lösen. Das geht nicht immer schnell. Das wissen alle Gemeinderäte, Bürgermeister und Abgeordnete, die jeden Tag um Lösungen ringen. Aber es geht Schritt für Schritt.

Und unsere Gesellschaften müssen lösungsorientiert und vernünftig bleiben. Wir brauchen eine neue Übereinkunft zwischen all denen, die sich an diesen Debatten beteiligen – ob im Parlament, in den Medien oder mit einem schnellen Kommentar im Netz. Ohne die Bereitschaft, die Komplexität dieser Welt des 21. Jahrhunderts anzuerkennen, geht es nicht. Vereinfachung hat eine Untergrenze. Es gibt eine Vielfalt legitimer Interessen und Blickwinkel. Niemand hat die Weisheit mit Löffeln gefressen. Und jeder muss bereit sein dazuzulernen.

Wenn wir für die Perspektive des anderen und fürs Umdenken offen sind, hat es der demagogische Populismus schwer. Im Übrigen bleibt die Hoffnung auf die „checks and balances“ der rechtsstaatlichen Demokratie.