Defizite reduzieren und Wachstum fördern



Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble zu Gast in der Sendung Berlin-direkt.

Frage: In Europa fordert Angela Merkel einen strikten Sparkurs; hierzulande, hat man den Eindruck, tut sie sich leichter, Wohltaten zu verteilen. Dabei warnen Sie ja eigentlich schon, es sei nicht viel zu verteilen. Warum hört sie nicht auf Sie?

Antwort: Das haben Sie gerade zitiert, dass ich von geringen Spielräumen doch gesprochen habe.

Frage: Wie viel Spielraum ist dann?

Antwort: Wir werden in der übernächsten Woche den Bundeshaushalt für 2014 aufstellen im Kabinett, und wir werden auch unser Wahlprogramm von CDU/CSU aufstellen… Dann werden Sie genau überprüfen können, dass sich das nicht widerspricht. Das passt schon zusammen.

Frage: Und es geht nicht um 28 Milliarden Euro?

Antwort: Das ist ja nun wirklicher Unsinn, was da an Berechnungen angestellt worden ist. Wir machen auch in Europa nicht eine strikte Sparpolitik, auch das ist übrigens nicht richtig, sondern wir haben immer gesagt, wir brauchen eine solide Finanzpolitik in allen europäischen Ländern. Die Defizite müssen reduziert werden. Aber wir brauchen natürlich auch eine Politik, die Wachstum fördert. Das große Problem ist die Arbeitslosigkeit. Das machen wir in Europa, dafür treten wir in Europa ein, und dafür treten wir auch in Deutschland ein. Und wir waren ganz erfolgreich. Wir setzen das fort.

Frage: Aber gibt es denn Spielraum für all das, was wir gerade gehört haben: von Mütterrente über Elterngeld bis zu mehr Geld in Verkehr und Infrastruktur? Besteht dafür wirklich der Spielraum in der nächsten Legislaturperiode…?

Antwort: Die Mütterrente zunächst einmal ist eine Frage der Rentenversicherung. Wir haben ja eine Rentenformel – ein Drittel kommt von den Arbeitnehmern, ein Drittel von den Arbeitgebern und ein Drittel vom Steuerzahler -, das ist eine automatische Formel. Und damit sind ja auch die familienpolitischen Leistungen abgegolten. Das ist der Sinn dieser Formel. Und in diesem System gibt es Spielraum, einen begrenzten, für die Mütterrente. Wir haben ja auch auf dem Parteitag gesagt …, dass wir das schrittweise verwirklichen wollen, so wie es eine solide Finanzpolitik macht.

Wir haben in dieser Legislaturperiode nicht nur gespart: wir haben die Ausgaben für Bildung und Forschung um 13 Milliarden erhöht, ohne die Gesamtausgaben erhöht zu haben. Das geht, wenn man eine vernünftige gesamtpolitische Linie fährt. Das haben wir getan. Das werden wir auch in der kommenden Legislaturperiode tun. Darüber werden wir diskutieren. Aber es ist ganz klar, und das sagt auch die Bundeskanzlerin: Diese Linie wird fortgesetzt. Es wäre ja auch ganz töricht, das aufzugeben.

Frage: … Wir haben über de Maiziere berichtet: Tägliche Dementis aus dem Verteidigungsministerium, auch Widersprüche in der Darstellung. Wie stark belastet das jetzt bereits die Koalition und auch die Kanzlerin?

Antwort: Ich meine, die Sache ist eigentlich doch klar: Die Entscheidung – ich zitiere – war richtig, der Zeitpunkt der Entscheidung war richtig. Und über das Verfahren – da gibt es eine Menge zu kritisieren, deswegen muss er das ändern. Aber das sind offensichtlich eingefahrene Verfahrensweisen im Verteidigungsministerium… Er hat ja auch nicht behauptet, er habe überhaupt nie gehört gehabt, dass es da Schwierigkeiten gibt. Das wäre ja auch albern, das stand ja in den Zeitungen. Wir haben jetzt Wahlkampf, und es ist ja ganz offensichtlich, dass versucht wird, hier mit einer Wortklauberei, die schon ein bisschen erbärmlich ist, Wahlkampf zu machen. Mit der Substanz hat das nichts zu tun. Die Entscheidung bei diesen hochkomplizierten Rüstungsverfahren muss verbessert werden. Aber das hat er ja mit großer Energie seit seinem Amtsantritt betrieben.

Frage: Kann er im Amt bleiben?

Antwort: Aber klar. Er ist ein guter Verteidigungsminister.

Frage: Angesichts dieser dramatischen Hochwasser Situation … zeigt sich Deutschland sehr solidarisch, die Menschen spenden. Die Bundeskanzlerin hat jetzt aus der Bundeskasse Geld versprochen, diese Woche 100 Millionen Euro Soforthilfe. Wir das reichen? Haben Sie dafür noch Spielräume? Können Sie sagen, da legen wir gegebenenfalls noch was drauf?

Anwort: Ja, klar. Wenn man die Katastrophe sieht, dann ist doch jetzt nicht die Frage, wie viel Geld haben wir dafür, sondern die Frage ist, wie vor 10 Jahren auch, dass wir sagen, wir müssen die Schäden ermitteln, es muss jetzt da, wo sofort geholfen werden kann, sofort geholfen werden. Das machen wir zusammen mit den Ländern. Wir haben gesagt, wir machen 50 % der Soforthilfe. Die 100 Millionen waren ein erster Betrag. Was notwendig ist, wird getan werden. Über die Schadenssumme kann man in der Tat noch nichts sagen, solange das Hochwasser noch gar nicht abgeflossen ist. Aber es werden beachtliche Schäden sein, und wir werden dafür vermutlich wieder einen Fonds machen müssen, weil ja die Hilfen auch über einige Jahre geleistet werden müssen.

Das Interview führte Bettina Schausten